Angel's Desire
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Angel's Desire

Basierend auf den Büchern der Autorin Nalini Singh (Gilde der Jäger- und Gestaltenwandler-Reihe) haben wir vor neun Jahren mit dem Schreiben eines fiktiven Rollenspiels mit unterschiedlichsten Personen begonnen. Hier wird dieses nun fortgesetzt.
 
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 Irials Bestimmung

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Midnight Raven

Midnight Raven


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Irials Bestimmung Empty
BeitragThema: Irials Bestimmung   Irials Bestimmung Empty05.04.18 21:02

Mit einem tiefen letzten Atemzug verneigte Irial sich vor der aufgehenden Sonne und richtete sich beim Einatmen auf. Wie jeden Morgen war er noch vor Sonnenaufgang auf einen einsamen Hügel fernab der Stadt geflogen, das Meer vor sich. Mit den ersten Sonnenstrahlen begann er dann seine Morgenroutine. Er hatte seine Bewegungsabfolge verschiedenen Kampfsportarten oder Meditationshilfe, wie Tai Chi und Yoga, entlehnt.
Dafür war er nach seiner Ausbildung unter Elias durch die Welt gereist, hatte sowohl Lijuan als auch Neha einige Jahre gedient, bis ihn sein Weg schließlich in Raphaels Territorium geführt hatte. Während seiner Zeit in Asien war er durch die Länder gestreift, hatte Zeit in Klöstern und anderen für Sterbliche spirituellen Orte verbracht und von den Mönchen dort ihre Kunst gelernt. Dies war dahingehend mit seinen Verpflichtungen vereinbar, dass er von vornherein keinen Hehl aus seinem Ziel gemacht hatte.
Irial war ein Grünschnabel gewesen und konnte rückblickend nicht ganz glauben, dass er Lijuan fast ins Gesicht gesagt hatte, er wäre nur in ihrem Land um Disziplin unter Menschen zu finden. Ein Wunder, dass sie ihn daraufhin nicht einfach pulverisiert hatte. Stattdessen hatte er ein schaurig mildes Lächeln erhalten und die Erlaubnis, unter den Sterblichen zu wandeln.
Ähnlich war es ihm an Nehas Hof ergangen, nur hatte er sich dort erst als würdig erweisen müssen, die wohl längsten zwanzig Jahre seines Lebens. Auch wenn er in der Kaserne untergebracht war, so richtete sich doch auch dort alles nach dem höfischen Leben. Er verabscheute es zutiefst. Nie konnte man wissen, wem zu trauen war und wem nicht, es gab kaum Zusammenhalt und das Misstrauen war allgegenwärtig. So empfand er es zumindest, vielleicht hatte man ihn auch einfach nicht leiden können.
Doch danach war er mit Asketen gewandert, verfolgte fasziniert den Weg einiger Menschen zur Erleuchtung. Ihm selbst blieb es verwehrt, ganz einfach aus dem Grund, dass er sich seinem Leben nicht in diesem Maße abwenden wollte. Einige Monate hatte er es geschafft, zölibatär zu leben, danach hatte sein Körper und seine Seele förmlich nach körperlicher Zweisamkeit gelechzt. Aber immerhin hatte Irial die meditativen Sequenzen auf sich anpassen und mitnehmen können.
So schaffte er es halbwegs ruhig und konzentriert durch den Tag.
Elias Waffenmeister hatte ihm vorgeworfen, sich durch seine Nervosität und Unausgeglichenheit selbst im Wege zu stehen. Der andere Engel sollte recht behalten, als er sich nach seiner Reise bei Raphael verpflichtete, konnte er sein Potential mehr nutzen. Aber er spürte, dass das immer noch nicht das Richtige für ihn war. Schließlich hatte der Engel, dem er unterstellt war, ihn entnervt der kleinen Einheit zugewiesen, die auf Illiums Insel die Stellung hielt. Der Kommandant war ein alter Freund seines damaligen Vorgesetzten und wollte sein Glück darin versuchen, ihn zu ‚bändigen‘.
Das Resultat war, dass er sich zu Tode langweilte. In dieser altertümlichen Stadt passierte einfach nichts, ganz davon abgesehen, dass es kaum Frauen nach seinem Geschmack gab. Oder besser gesagt gar nicht. Jeden Tag startete er bei Sonnenaufgang mit seinem Morgenritual, vollzog anschließend in der Kaserne sein tägliches Training und hielt die ihm aufgetragenen Wacheinheiten ab. Den Rest der Zeit versuchte er totzuschlagen, wobei er dafür noch immer kein effektives Mittel gefunden hatte.
So breitete er auch jetzt seine Obsidianschwingen aus, die tiefschwarzen Federn glänzten im Sonnenlicht, an mancher Stelle funkelten dunkelgraue Einschlüsse bei direktem Lichteinfall. Seine Schicht würde erst in einigen Stunden anfangen, genug Zeit also, eine kleine Runde über die verschlafene Stadt Eporias zu drehen und zu beobachten, wie die Händler nach und nach ihre Stände auf dem Markt aufbauten. In dem Schatten, den er auf die Erde warf, rannte begeistert das eine oder andere Kind, was ihn zum Schmunzeln brachte. So viel Unschuld. Er zog eine lockere Feder aus seinem Flügel und ließ sie zu Boden gleiten, wenigstens eins der Kinder hätte dann heute etwas, mit dem es in der Schule angeben konnte.
Schließlich drehte er ab und legte die Strecke zur Kaserne zurück. Die folgenden Stunden vergingen in trister Eintönigkeit, nach dem Training trat er seine Wachschicht an und flog in festgelegten Mustern über die Insel und hielt Ausschau in die Ferne. Als würde hier irgendetwas Spannendes passieren. Der Tag neigte sich dem Ende zu, als Irial zu seinem Standardplatz nach solch einem langweiligen Tag flog. Unweit von Illiums Anwesen befand sich eine Steilklippe. Im Laufe der Jahrhunderte hatten sich dort natürliche Vorsprünge gebildet, die zum Sitzen und Verweilen geradezu einluden. Nur die Landung stellte sich immer wieder als Herausforderung da, da der Wind hier unberechenbar gebrochen wurde und eine tückische Windströmung einen Engel leicht gegen die spitzen Kanten treiben konnte. Doch er hatte lang genug die Vögel beobachtet, die die Felsen ihr Heim nannten, um sich ihre Strategie abzuschauen. Zudem kam die Routine, wodurch er leicht und unverletzt zu einem seiner Lieblingsplätzen der Insel gelangte. Hinter einem größeren Stein hatte er eine kleine Kiste deponiert, die er jetzt hervorholte, um sich einen Joint zu drehen. Nicht, dass das Gras ein solches Hochgefühl wie bei den Sterblichen auslöste, aber er mochte den Geschmack und eine gewisse beruhigende Wirkung hatte es dennoch. Trotzdem käme er niemals auf die Idee, während seines Dienstes oder wenn er irgendeine andere Verantwortung trug einen zu rauchen. Da aber jetzt weder das eine, noch das andere der Fall war, nahm er sich diesen Moment der Ruhe, zündete den Joint mit einem beiliegenden Feuerzeug an und zog den Rauch tief in seine Lunge. Als er beim Ausatmen versuchte, Ringe zu formen, breitete sich Ruhe in seinen Adern aus und er lauschte dem Rauschen des Meeres, das sich mit ureigener Kraft an den Klippen brach. Mit leichtem Lächeln beobachtete er die Vögel, die immer wieder ins Wasser tauchten, nur um sich im nächsten Moment wieder in den Himmel hoch zu katapultieren.
Er hatte den Joint fast aufgeraucht, als sich mit einem Schlag der Himmel verfärbte. Ungläubig beobachtete Irial, wie sich das Hellblau der Abendstunden mit einem Schlag in ein tiefes, reines Gold verfärbte. Einen Wimpernschlag später funkelten goldene Sterne wie Kupfermünzen davor.
"Was zum.." Misstrauisch sah er auf den Joint in seinen Händen und schnippte den Rest ins Meer. "War das Gras wohl doch schlecht." murmelte er und erhob sich, legte die Flügel dicht an, damit er nicht vom Wind erfasst wurde. Doch auch als er sich die Augen gerieben hatte und frische Luft in seine Lunge strömte verschwand das Gold nicht. Und mit dieser Erkenntnis kam auch das tiefe Begreifen von unvorstellbare Macht, das die Luft fast zum Flimmern brachte. Kurzerhand schwang er sich in die Luft und flog zurück zur Kaserne. Das Marmor der Stadt war in goldenes Licht getaucht, es wirkte alles wie aus einer Traumwelt erschaffen.
Das Bild, das sich ihm in der Kaserne bot, überraschte ihn nicht. Der Großteil der Krieger war im Innenhof versammelt und blickte ehrfürchtig in den Himmel. Berauscht von dem Flug durch den goldenen Himmel war ihm ganz schwindelig, als er landete und ebenfalls seinen Blick zum Himmel hob. Diesen Goldton brachte er unweigerlich mit einer Person in Verbindung: Illium. Die Augen des blaugeflügelten Engels hatten exakt diese Farbe. Und dass der Himmel dem nun Tribut zollte, konnte nur eines bedeuten: Er war soeben zum Erzengel aufgestiegen.
Kaum war ihm der Gedanke gekommen, breitete sich in ihm eine Gewissheit aus: Er hatte endlich die reale Chance, seine Bestimmung zu finden.

Wenige Tage nach Illiums Aufstieg kam Unruhe über die Insel: Der Erzengel würde sich mit seiner Familie und einem Engel, der ihm bereits Treue geschworen hatte, bis zur Klärung der territorialen Verhältnisse auf seine Insel zurückziehen. Da die Gesellschaft aber erst am Nachmittag ankommen würde, hatte Irial noch die Chance, seine Morgenroutine zu durchlaufen. Heute erschien es ihm besonders nötig, er brauchte die innere Ruhe, wollte er sich doch mit klarem und kühlem Kopf bezüglich seiner Gefolgschaft entscheiden. So nahm er sich auch die Zeit, nach einer kurzen kalten Dusche seinen Bart zu trimmen und einzuölen, damit die ungefähr drei Zentimeter langen Haare nicht strohig wurden. Dusche war wohl aber auch zu viel gesagt, in dem kleinen Badezimmern der Kasernenwohnungen war anstelle einer Duschgarnitur ein Eimer mit Wasser, in diesem Falle kalt, da er sich nicht die Mühe machte, das Brunnenwasser über einem kleinen Feuer zu erhitzen.
Ein letzter Blick in den Spiegel sagte ihm, dass er seine fingerlangen, dunkelbraunen Haare unbedingt noch kämmen musste, sonst aber bereit war, vor den frischgebackenen Erzengel zu treten. So griff er also zu dem simplen Holzkamm und versuchte sein Haar wenigstens ansatzweise zu bändigen, auch wenn es schließlich doch nur das machen würde, was es wollte.
Als Bekleidung wählte er seine Kampfmontur. Das dunkelbraune Leder endete an seinen Schultern, sodass die Tätowierung seines linken Armes komplett sichtbar war und sich auch die Fortsetzung auf seinem Oberkörper erahnen ließ. Noch so eine Jugendsünde, für die viele ältere und mittlerweile auch jüngere Engel kein Verständnis hatten. Ebenso wenig wie sie verstehen konnten, dass die Zeit, die er unter Mönchen verbracht hatte, lehrreicher für ihn gewesen war, als jede himmlische Ausbildung. Noch einer der Gründe, warum er sich damals für Raphael entschieden hatte: Seine Gefährtin hatte ein sterbliches Herz. Nur hatte er hier nicht die Förderung erhalten, die für ihn nötig war. Natürlich hatte er sich das selbst zuzuschreiben, nie forderte er mehr ein oder gab den Höhergestellten einen Anlass mehr in ihm zu sehen, als einen starken Tagelöhner. Es hatte auch nicht geholfen, dass er seit jeher seine Verpflichtungen je nach seinem Belieben wechselte, dass er dorthin ging, wo es für ihn am lukrativsten war.
So bildete sich nie eine Loyalität aus, die ihn band. Sicherlich hatte er einige Freunde, verstreut über der ganzen Welt, doch hielten ihn die meisten für einen herrenlosen- und manche wohl auch für einen ehrlosen- Söldner. Doch bisher hatte er auch noch nie das Gefühl, jemandem seine Loyalität geben zu können. Bisher war es für ihn niemand wert gewesen. Diese Insel hier verlieh ihm das erste Mal das Gefühl, eine gewisse Aufgabe in der himmlischen Welt zu haben. Aber auch das ging über das normale Pflichtgefühl nicht hinaus.
Nun waren ihm die Aufnahmen der Schlacht in Paris in die Hände gekommen. Illium hatte schon vor seinem Aufstieg unter den Feinden gewütet wie ein Berserker, die Verbissenheit, mit der er seine Familie schützen wollte, war ihm anzumerken. Dann hatte Irial den Kampf zwischen Illiums Frau und einem Vampir auf einem der Balkone gesehen. Sie hatte ihren Widersacher zwar effektiv ausgeschaltet, aber Irial hatte ein paar Schwachstellen erkennen können. Und wenn er das sah, taten das ihre Feinde auch. Diese waren nach dem Aufstieg exponentiell gestiegen, genau wie die Anzahl derer, die in ihrem und Illiums Schatten wachsen wollten. Für Irial war aber vor allem eines von Bedeutung: Auch der Engel mit den bernsteinfarbenen Flügeln war einmal sterblich gewesen und wahrscheinlich lebte davon noch immer ein Funken in ihr. Ihren Mann respektierte er, auch wenn er noch nicht viel mit ihm zu tun gehabt hatte. Aber mit Cylie war es zu mehreren Wortwechseln gekommen, als sie früher schon mit ihrer Tochter auf der Insel waren. Sie war ihm sympathisch und er stellte fest, dass er sie nicht schutzlos in der Welt der Unsterblichen wissen wollte. Stirnrunzelnd schnallte Irial sein Schwert auf den Rücken und vertrieb die Gedanken. Sinnlos, falls er, seine Vorgesetzten oder Illium sich gegen seine Versetzung entschieden. Zumal sie nicht schutzlos war, immerhin nannte sie einen Erzengel ihren Gefährten.

Nach seiner täglichen Routine auf dem Hügel am Rand der Insel half er in der Stadt, die festliche Dekoration zu befestigen, die für die Sterblichen dort zu schwer war. Anschließend explodierte über dem weißen Marmor ein Blütenmeer, das durch den noch immer goldenen Himmel wie aus Juwelen zu bestehen schien. Die Bewohner vergötterten Illium seit jeher, doch jetzt schien sich ihre Ehrfurcht und Verehrung ins Unsermessliche zu steigern. Es herrschte eine ausgelassene Fröhlichkeit, die wie rasendes Feuer um sich griff und jeden befiel, der nicht schnell genug verschwand. Zum Glück wollte Irial nicht davor fliehen und half so noch bei den letzten Handgriffen.
Doch kaum war die letzte Blume gesteckt und das letzte Band der sommerlichen Brise ausgesetzt, verschwand einjeder, um sich dem Anlass entsprechend zu kleiden. Niemand wollte das Risiko eingehen, vom Erzengel in alltäglicher Kleidung gesehen zu werden.
Von Stille umgeben schlenderte Irial durch die Pracht zurück zur Kaserne, wobei er sich in die Luft schwang sobald er keine Gefahr mehr lief, die Dekoration durch die Luftstöße seiner Flügel wegzuwehen, und die letzten Meter zurück flog.
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